Arzthaftung

Pflichtverletzung durch Unterlassen

Besteht die Pflichtverletzung in einer Unterlassung, ist diese für den Schaden nur dann kausal, wenn pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des Schadens verhindert hätte.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.02.2012 - VI ZR 63/11


Arzthaftung

Beweislast für die Kausalität zwischen einem Aufklärungsmangel im Vorfeld einer Schwangerschaft und dem Unterhaltsaufwand für ein behindertes Kind

Die Eltern eines behinderten Kindes, die wegen eines behaupteten Aufklärungsmangels im Vorfeld der Schwangerschaft Ersatz des Unterhaltsaufwandes verlangen, haben zu beweisen, dass sie sich bei gebotener Aufklärung gegen eine Schwangerschaft entschieden hätten. Allein die Schilderung der dann verwendeten Verhütungsmittel ist hierzu nicht ausreichend

Brandenburgisches OLG, Urteil vom 19.12.2011 - 12 U 152/11


Arzthaftung

Verweigerung der Anhörung eines Sachverständigen verletzt betroffene Partei in Grundrecht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss den Prozessparteien auf Antrag die Möglichkeit gegeben werden, einen gerichtlichen Sachverständigen mündlich anzuhören. Kommt das erstinstanzliche Gericht einem solchen Antrag nicht nach, muss das Berufungsgericht diesem Antrag stattgeben, wenn er in der zweiten Instanz erneut gestellt wird

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.01.2012 - 1 BvR 2728/10


Arzthaftung

Verjährung der Arzthaftung: Grob fahrlässige Unkenntnis des Patienten von den anspruchsbegründenden Umständen

Die Verjährungsfrist beginnt, wenn der Patient Kenntnis vom Schaden erlangt oder sie infolge grob fahrlässiger Unkenntnis nicht erlangt. Dafür reicht es nicht immer schon, dass der Patient Kennntis vom negativen Ausgang einer ärztlichen Behandlung hat

BGH, Urteil vom 10.11.2009 - VI ZR 247/08


Arzthaftung

Beweislastumkehr bei Befunderhebungsfehler

Wird einem Arzt ein Behandlungsfehler, also ein Verstoß gegen den medizinischen Standard vorgeworfen, muss grundsätzlich der Patient beweisen, dass ein solcher Verstoß vorgelegen hat.

Dies kann für den Patienten mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sein, weil der Arzt auf diesem Gebiet bessere Fachkenntnisse hat und der Patient u.U. einen ärztlichen Eingriff gar nicht bewusst wahrgenommen hat, wenn er z.B. in Narkose operiert wurde.

Deshalb kommen dem Patienten im Gerichtsprozess Beweiserleichterungen zugute. So können bspw. Lücken in der ärztlichen Dokumentation zu einer Umkehr der Beweislast führen, so dass der Arzt beweisen muss, dass eine bestimmte Maßnahme erfolgt ist, obwohl sie nicht dokumentiert wurde.

Auch ein Befunderhebungsfehler kann zu einer Beweislastumkehr führen. In seinem Urteil vom 13.09.2011 – VI ZR 144/10 – führt der Bundesgerichtshof (BGH) aus, dass „bei der Unterlassung der gebotenen Befunderhebung eine Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität [erfolgt], wenn bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt“.

In einer weiteren Entscheidung vom 07.06.2011 - VI ZR 87/10 - hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach nicht nur bei einem groben, sondern auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler eine Beweislastumkehr in Betracht kommt, „wenn sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion auf ihn als grob fehlerhaft darstellen würde und diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen“. Die Beweislastumkehr tritt nicht erst ein, wenn die Befunderhebung grob fehlerhaft unterlassen wurde.

Die Umkehr der Beweislast ist nur dann ausgeschlossen, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen unterbliebener Behandlung und aufgetretenen Beschwerden völlig unwahrscheinlich ist. Es ist nicht zusätzlich erforderlich, dass das Unterlassen einer gebotenen Therapie völlig unverständlich ist.